Strom für Riesenbeck

Von den Anfängen der Versorgung mit elektrischer Energie

Für uns heute fast unvorstellbar ist die Situation ohne Strom, wie sie noch bis zu Anfang des 20. Jahrhunderts überall herrschte, besonders aber auch auf dem Lande. Kerzen und Öllampen bzw. der Feuerschein des offenen Herdfeuers spendeten ein spärliches Licht. Aus Erzählungen ist zu hören, dass Kienspäne kurzzeitig für Licht sorgten. Öllampen wurden mit einem Gemisch aus Schmalz, Rindertalg (Ungel) und Öl (z.B. Rapsöl), dem sogenannten Luchtefet, zur Beleuchtung in Häusern und Werkstätten benutzt.

Neben der schlechten Beleuchtung setzte besonders auch die schwere körperliche Arbeit den Menschen zu. Hierzu schrieb Rosa Verlage unter dem Thema „Auf dem Hof“:

„Wie mühsam kam mir die damals so schwere Bauernarbeit an. Am schlimmsten waren das Frühaufstehen und Dreschen. Mit vier bis sechs Mann standen wir um fünf, mitunter um vier Uhr auf der Tenne in Hemdsärmeln und Unterrock und klopften mit dem Dreschflegel, dass der Schweiß aus allen Poren dampfte, zwei Stunden lang.“ [Wuorstebraud – Geschichten und Sagen von Rosa Verlage]

Dieses Beispiel lässt erahnen, wie sehr sich die Menschen nach Entlastung sehnten und nach Wegen suchten, sich von der harten körperlichen Arbeit zu befreien. Was fehlte waren sichere, einfache, leistungsstärkere und flexibel einzusetzende Antriebe und zudem sichere Leuchtmittel.

Fast 2000 Jahre sollte es vom Erkennen der Elektrizität bis zu ihrer Nutzung dauern. Etwa ab dem Jahr 1898 betrieb das Sägewerk „Neuhaus Mühle“ in Riesenbeck einen Sauggasmotor. Das Gas erzeugte man aus Anthrazit-Kohle. Dieser Motor erzeugte Gleichstrom über einen Generator, der einen Motor des Sägegatters und Glühlampen mit der nötigen Energie versorgte. Zur Speicherung des überschüssigen Stromes standen mehrere große Batterien über dem Sägewerk. Zudem vorsorgte das kleine Kraftwerk die Kirche, die Schule und das Krankenhaus mit elektrischem Strom für die Beleuchtung. Des Weiteren wird davon berichtet, dass das Mergelwerk Otto Breckweg in Birgte einen Sauggasmotor benutzte, um Gleichstrom für die Mergelaufbereitungsmaschinen zu erzeugen.

Mit der Inbetriebnahme des Torfkraftwerkes der Hakomog im Schweger Moor 1911 begann die Vermarktung von Wechselstrom auch in Riesenbeck. Aus einer Bedarfsmeldung von Bernhard Mauritz vom 27. Februar 1912 an den Stromproduzenten ist zu ersehen, dass er sechs Lampen betreiben wolle. Die Kostenaufstellung für den Stromanschluss kommt am 19. September 1912 von der im April des Jahres gegründeten Niedersächsische Kraftwerke AG (Nike) in Osnabrück. Einige Gemeinden des Kreises Tecklenburg wie auch Riesenbeck schlossen am 13. September 1912 einen Gemeindevertrag mit der Hakomog mit dem Ziel der Stromversorgung ab dem 1. Januar 1914 ab. Am 24. Juli 1913 kündigt die NIKE den Beginn der Arbeiten zum Ausbau des Ortsnetzes an. Der Stromanschluss bei Mauritz ist bald fertiggestellt und die NIKE präsentiert dafür am 14. August 1913 eine Rechnung in Höhe von 84 Mark. Und letztlich freigeschaltet wird der Strom für das Dorf Riesenbeck gemäß einer handschriftlichen Notiz auf dem Gemeindevertrag mit der Hakomog am 15. Januar 1914.

Die Nike hatte im Jahr 1912 eine Dampfturbinenanlage in Ibbenbüren fertiggestellt, die am 1. Januar 1913 in Betrieb ging und zunächst vor allem die Zechenanlagen der „Ibbenbürener Staatsbergwerke“ mit Strom versorgte. Da die Hakomog ihre Stromproduktion bereits im selben Jahr einstellte und die Stromlieferverträge auf die Nike übertrug, hat Riesenbeck also niemals durch den eigentlichen Initiator der Versorgung mit elektrischer Energie Strom bekommen, sondern von Anfang an vom Kraftwerk in Ibbenbüren.

Neben dem elektrischen Anschluss für Privat- und Firmenkunden hatte die NIKE auch für eine elektrische Straßenbeleuchtung zu sorgen. Dies erfolgte weitgehend zeitgleich mit dem Aufbau des Ortsnetzes 1913. Die Versorgung der Petroleum-Straßenlampen mit Brennstoff und das Entzünden und Löschen der Lampen gehörte im Dorf ab 1914 der Vergangenheit an. Zuletzt wurde diese Arbeit von Maria Veltmann ausgeführt. Sie ging dann ausgerüstet mit einer kleinen Leiter und dem Anzünder durchs Dorf, um die Lampen zu versorgen“ [HV-Archiv].

Im Sommer 1922 erhielt auch die Riesenbecker Bauerschaft Birgte einen Anschluss an das Stromnetz. Bis letztlich alle Häuser mit elektrischem Strom versorgt werden und die Menschen die Segnungen der Technik genießen konnten, vergingen aber noch viele, viele Jahre!

Gemeindevertrag zwischen der Hakumag und der Gemeinde Riesenbeck von 1912

Petroleumlaterne (rechts) vor dem ehemaligen Haus Oechtering an der früheren Langestraße, der heutigen Heinrich-Niemeyer-Straße, gegenüber vom Hotel zur Post ca. 1910

Gemeindevertrag zwischen der Hakumag und der Gemeinde Riesenbeck von 1912

Kraftwerk im Schweger Moor bei Hunteburg 1912

Gemeinde Riesenbeck von 1912