Entwicklung der Ämter Bevergern und Riesenbeck

Über die Geschichte der Amtsverwaltungen von Bevergern und Riesenbeck vor 1905. In den einzelnen Archiven sind reichlich Akten darüber vorhanden, welche von Josef Keller eingesehen wurden.

Dr. Klaus Offenberg beschrieb in dem Artikel „Die Suche nach einem Standort für das Rathaus“ in der letzten Ausgabe des Hörsteler Stadtmagazins (Ausgabe 145) hauptsächlich das Geschehen um diese Suche nach 1900. Josef Keller und Gregor Werthmöller vom Heimatverein Riesenbeck möchten gerne ergänzend über die nicht weniger interessante Suche von vor 1900 berichten.

Der Reichsdeputations-Hauptschluss brachte große Veränderungen mit sich. Pfarrer Püngel beschreibt 1847 die Situation folgendermaßen:

Durch den am 25. Februar 1803 zu Regensburg vollzogenen Reichsdeputations-Hauptschluss wurde dann dem König von Preußen nächst den Bistümern Hildesheim und Paderborn usw. auch ein Teil von dem Bistum Münster zugeteilt. Dieser Teil umfasste auch den kleineren Teil des Amtes Bevergern, zu dem Riesenbeck gehörte. Riesenbeck wurde Preußisch und blieb es bis 1807, wo das Fürstentum Münster infolge des zu Tilsit am 9. Juli geschlossenen Friedens dem Preußischen Staate entrissen und dem neuen Großherzogtum Berg zugeteilt wurde.

Damit war das Fürstbistum Münster Geschichte geworden. Die Beamten des Amtes Rheine-Bevergern wurden praktisch arbeitslos, denn das Amt war eine Einrichtung des Fürstbischofs von Münster. Welche Aufgaben diese Beamten hatten wird deutlich in den Akten der Hofkammer des Fürstbischofs von Münster. Auch die jährlich erstellten Amtsrechnungen, soweit sie noch vorhanden sind, zeugen von den Aufgaben der Beamten. Für die neuentwickelten Kommunen waren andere Aufgaben zu bewältigen.

Wie aber kam der Wandel zur kommunalen Amtsverwaltung zustande?

1803 wurde der münsterische Kreis gegründet bestehend aus einem Teil des Amtes Wolbeck, dem Amt Rheine-Bevergern rechts der Ems und einem Abspliss des Amtes Horstmar.

Die Verwaltung des Amtes Bevergern wurde dem Richter Busch aus Münster übertragen. Richter Busch nahm diese Aufgabe an, wohnte aber weiterhin in Münster. Falls seine Anwesenheit in Bevergern erforderlich war musste er eine 5 stündige Fahrt in Kauf nehmen um dorthin zu kommen. Da diese Situation nicht haltbar war wurde im Februar 1806 wurden aus dem münsterischen Kreis die Orte Bevergern, Dreierwalde, Hopsten, Riesenbeck, Saerbeck und die rechts der Ems liegenden Teile der Kirchspiel Emsbüren, Emsdetten, Rheine, Salzbergen und Schepsdorf herausgelöst und mit ihnen der Bevergerner Kreis gebildet. Dieser Kreis hatte auch keine große Zukunft denn schon im Herbst 1806 übernahm Frankreich nach der Niederlage Preußens bei Jena die Verwaltung und richtete zu diesen Zweck Kantone ein. Über diese Zeit berichtet Heinrich Plagemann in dem Buch „Riesenbeck aus Vergangenheit eines münsterländischen Dorfes“ herausgegeben von dem Heimatverein Riesenbeck e.V. ab Seite 141ff ausführlich und muss hier nicht weiter beschrieben werden. Nachdem Napoleon geschlagen war und Preußen wieder die Macht übernommen hatte, konnte von den Verwaltungsbeamten in Ruhe den Wiederaufbau des Landes betrieben werden. 1847 wird in diesem Zusammenhang für Bevergern und Dreierwalde der Amtmann Büscher und für Riesenbeck der Amtmann Jessele genannt. Von 1860 bis 1894 war Amtmann Heise in Riesenbeck tätig. Nach seinem Tod wird von der Regierung vorgeschlagen die Ämter Bevergern und Riesenbeck von einem Amtmann leiten zu lassen.

Im Juni 1894 wird Amtmann Göpfert aus Bevergern Amtmann in Riesenbeck. Der Oberpräsident der Provinz Westfalen ist der Meinung, dass Amtmann Göpfert ohne Schwierigkeiten von Riesenbeck aus das Amt Bevergern zusätzlich verwalten kann. Im August 1894 wird dem Oberpräsident der Provinz berichtet, dass die geplante Zusammenlegung der beiden Ämter in Juli 1894 gescheitert ist, „und da es in Anbetracht der geringen Bevölkerungsziffer und Leistungsfähigkeit der Gemeinden des Amtes Bevergern nicht angezeigt erscheint letzteres Amt aufrecht zu erhalten, beauftrage ich Euer Hochwohlgeboren hierdurch die erforderlichen Schritte zu thun, um gemäß §. 22 der Kreis-Ordnung für die Provinz Westfalen die Neubildung eines Amtsbezirks, welcher die jetzigen Ämter Riesenbeck und Bevergern umfaßt, und die Bezeichnung Riesenbeck tragen soll, herbei zu führen. Euer Hochwohlgeboren wollen daher zunächst die betheiligten Amts- und Gemeindevertretungen sowie den Kreistag hören und mir sodann die Verhandlungen behufs Einholung des Beschlusses des Bezirksausschusses und schließlich die Entscheidung des Herrn Ministers des Inneren vorlegen.“ Im September 1894 heißt es dann das zwar Bevergern und Riesenbeck zugestimmt haben, jeweils unter der Voraussetzung das der Amtssitz in ihrem Ort bleibt. Deswegen wird von einer Vereinigung Abstand genommen.

Im Frühjahr 1900 möchte Riesenbeck entweder das von Colon Lütkemeyer gemietete Amtshaus kaufen oder ein neues Amtshaus zu bauen. Hörstel leistet da Widerstand.

Am 8. März 1902 machte Bevergern dem Oberpräsidenten der Provinz folgenden Vorschlag: „Eure Exzellenz erlauben sich die unterzeichneten Gemeindevorsteher der zum Amte Bevergern gehörende Gemeinden Bevergern und Dreierwalde Folgendes ganz gehorsamst vorzutragen:

Dem Vernehmen nach ist dem Herrn Amtmann Göpfert aus Riesenbeck vom 1. April des Jahres ab die Verwaltung des Amtes Freienohl Kreis Arnsberg übertragen worden.

Aus diesem Anlasse bitten Eure Exzellenz wir ganz gehorsamst, hoch geneigtest nochmals eine Vereinigung der Ämter Riesenbeck und Bevergern in Erwägung ziehen zu wollen.

Die Verhältnisse haben sich seit dem Jahre 1894, in welchem bekanntlich eine Zusammenlegung der Ämter seitens der vorgesetzten Behörden erstrebt wurde, bei dem Amte Bevergern wesentlich verschlechtert. Bei der Gemeinde Bevergern sind die finanziellen Verhältnisse derartig ungünstig, daß unbedingt eine Vereinigung der Ämter und damit eine nachhaltige Herabminderung der Gemeindelasten herbeigeführt werden muß.

In der Gemeinde Bevergern, deren Einwohnerschaft zum größten Teile aus kleinen Leuten besteht, müssen pro 1902 an Gemeindeabgaben 394 % der Gemeindesteuer, 369 % der Gebäude- und Gewerbesteuer und 290 % der Einkommensteuer gezahlt werden.

Es ist dieses eine außerordentlich hohe Belastung. In der ganzen Provinz Westfalen dürfte eine zweite Gemeinde mit einer solch hohen communalen Belastung nicht vorhanden sein. Das Gemeinde=Deficit wird sich, wie schon heute feststeht, durch Ausgaben im nächsten Jahre nicht unwesentlich erhöhen, so daß pro 1903 voraussichtlich 400 % der Realsteuern und mehr als 300 % der Einkommensteuer an Gemeindesteuern zu zahlen sind.

Die Steigerung der Gemeindelasten wird fortdauern, weil die wenigen wohlhabenden und einigermaßen steuerkräftigen Einwohner mehr und mehr aussterben und ein Ersatz nicht eintritt. In einigen Jahren werden die Lasten thatsächlich unerschwinglich sein. Die Unterzeichneten sind der Ansicht, daß es Aufgabe der staatlichen Aufsichtsbehörde ist, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln Einhalt zu bieten.

Auch für die Gemeinde Dreierwalde ist eine Vereinigung der Ämter nicht weniger herbeizuwünschen. Wenn die finanziellen Verhältnisse z. Z. auch noch keinen Anlaß zu klagen geben, so wird sich das Deficit der Gemeinde doch in den nächsten Jahren voraussichtlich beträchtlich erhöhen, da der genannten Gemeinde größere Ausgaben bevorstehen. Zu dem kommt hier als wesentlich in Betracht, daß die kleine Gemeinde aus einer nur wenig steuerkräftigen ländlichen Bevölkerung besteht.

Die Gemeinde Dreierwalde würde es daher auch mit Dank begrüßen, wenn die für die Amtsverwaltung aufzubringenden Kosten eine Ermäßigung erfahren.

Für die Unterzeichneten, welche sich bei Vorbringen ihrer Bitte nicht vom Localpatriotismus leiten lassen, kommt die Frage, welche Gemeinde Sitz der vereinigten Ämter werden soll, nicht in Betracht.

Auch scheidet für uns die Personenfrage ganz aus, wenn wir auch den Herrn Amtmann Wortmann sehr gerne noch lange Jahre an der Spitze des Amtes Bevergern sehen.

Die Unterzeichneten haben lediglich das Interesse ihrer Gemeinden im Auge.

Wir geben uns der Hoffnung hin, daß Eure Exzellenz unserer begründeten Bitte hoch geneigtest Folge geben werden.“ Unterschrieben wird der Antrag von den Gemeindevorstehern aus Bevergern und Dreierwalde.

27. August 1906
Die Regierung in Münster schreibt an den Landrat des Kreises Tecklenburg. Findbuch B 259 Nr. 1886

In der Sitzung vom 21. Juli habe ich den Vorschlag gemacht, die Ämter Riesenbeck und Bevergern in Personal-Union zu vereinigen mit dem Sitze des Amtmannes in Riesenbeck. Dieses hielt ich für anstehend, da Bevergern nur eine sehr kleine Gemeinde ist. Nach der letzten Volkszählung vom 1. Dez. 1905 beträgt die Seelenzahl 955 während Riesenbeck 1972 zählte, also über 1000 Seelen mehr. Ferner befindet sich in Riesenbeck ein großes industrielles Unternehmen von den Gebrüdern Niemeyer, u. auch der Hafen des Dortmund-Ems-Kanals. Bei der Abstimmung stimmte auch der Gemeinde-Vorsteher Beyer aus Bevergern nicht gegen den Antrag, sondern enthielt sich der Abstimmung.

Was den Amtmann zu Riesenbeck betrifft, so hat derzeit ein Colon ein Wohnhaus gebaut, daß Wohnung für den Amtmann und Diensträume für das Amtsbureau enthält.

Die Wohnung ist sehr gut und geräumig, was die Verbindung von Riesenbeck mit der Eisenbahnstation Hörstel betrifft, so ist dieselbe ebenso gut wie von Bevergern aus. (Bevergerner Str. 105)

Was nun das Amtshaus in Bevergern betrifft, so hat damals die Gemeinde Vertretung von Bev. beim Kreisausschuß die Aufnahme einer Anleihe zum Bau beantragt. (Seitlich an den Rand geschrieben: der Amtshausbau durch den Kreisausschuß war überhaupt nicht erforderlich)

Das Haus war nicht zu beziehen, weil mindestens ½ m Grundwasser im Keller stand und auch im Sommer mehrere cm Wasser stehen blieb.

Münster den 8. März 1907
Amtmann Wortmann wird mit der Verwaltung des Amtes Warburg beauftragt. Dadurch wurde die Erledigung der Amtmannsstelle in Bevergern herbeigeführt.

Am 3. Mai 1907 bittet Münster den Landrat um eine Auskunft ob sich der Erlass des Herrn Oberpräsidenten vom 19. August 1906 über die angeordnete kommissarische Verwaltung der Ämter Riesenbeck und Bevergern in Personal-Union bewährt hat.

Nach seiner Antwort ist die Bevölkerung von Bevergern und Dreierwalde ist zufrieden. Bevergern hat nun 280 % Einkommensteuer und 390 % Realsteuer zu zahlen. Vorher, im Jahre 1906, zahlte Bevergern 370 % Einkommensteuer und 510 % Realsteuer.

Tecklenburg den 27. August 1907
Nachdem dem Amtmann zu Riesenbeck die Verwaltung des Amtes Bevergern mit übertragen ist, in Folge deßen er häufig vom Amtssitz Riesenbeck abwesend sein wird, ist die Ernennung eines 2. Beigeordneten für das Amt Riesenbeck erforderlich geworden.