Mit dem Netzwerk Heimatverein Digital gemeinsam in die digitale Zukunft starten

Seit 2012 ist der Heimatverein Riesenbeck dabei, sein umfangreiches Archivmaterial zu digitalisieren. Einerseits geht es um die Sicherung, andererseits um das rasche Finden relevanter Informationen.

Alle Heimatvereine verfügen über mehr oder weniger große Bestände an alten Dokumenten, Fotos, Büchern und Gegenständen. Wohl jeder Heimatverein kümmert sich um die Erhaltung des natürlichen und kulturellen Erbes seines Ortes. Häufig ist das Wissen darüber nur in wenigen Köpfen, manchmal sogar nur bei einer Person vorhanden. Welcher Verlust entsteht wohl, wenn diese Köpfe nicht mehr da sind? Nach und nach gehen die Vereine daher dazu über, ihre Aktenberge und Bestände zu erfassen, zu inventarisieren und – wenn eben möglich – zu digitalisieren. Für die Dokumentation benutzten die Mitglieder der Arbeitsgruppen in vielen Fällen verschiedene Programme wie z.B. Excel, Word, selbst erstellte Datenbanken sowie Fotodatenbanken. Häufig benutzt jeder eine individuelle Lösung. Ein Datenaustausch untereinander oder gar mit anderen Heimatvereinen ist sehr erschwert, Doppelarbeiten sind vorprogrammiert.

Im Handel sind Datenbanken käuflich zu erwerben. Nach eingehenden Recherchen und der Erprobung von Demonstrationsversionen sind es durchweg völlig überfrachtete und umständlich zu bedienende Alternativprogramme, die käuflich nicht unter 10.000€ zu bekommen sind. Besonders inakzeptabel sind hierbei die hohen Schulungskosten und vor allem die jährlichen Lizenzkosten, für die mindestens 1.000€ für nur wenige Nutzer zu zahlen sind. Extrem hohe Zusatzkosten entstehen, wenn mehrere Vereine auf die selben Daten zurückgreifen wollen.

Der Heimatverein Riesenbeck hat daher im Jahr 2012 damit begonnen, eine zunächst auf die eigenen Belange zugeschnittene Datenbank mit folgenden Zielen selbst zu entwickeln:

  • Ganzheitliche digitale Lösung statt mehrerer Insellösungen
  • Leichte Bedienung
  • Erfassung und Darstellung aller relevanten Daten der Orts- und Familienforschung, der Denkmalpflege, des Naturschutzes, des Museumswesens, der Kultur- und Brauchtumspflege, der Bibliothek und aller Fotos in digitaler Form
  • Vermeidung von Doppelerfassungen
  • Barrierefreie Vernetzung relevanter Informationen untereinander
  • Schnelles Auffinden von Informationen
  • Zugriff für mehrere Benutzer auch von zuhause aus
  • Minimale Installations- und Betriebskosten
  • Zweckmäßiges Datensicherungskonzept
  • Einhaltung der gültigen Datenschutzbestimmungen.

Derzeit arbeiten bis zu 20 Personen des Heimatvereins Riesenbeck z.T. gleichzeitig mit der Datenbank. Parallel digitalisieren vier Mitglieder alte Papierfotos, Negative und Dias. Alle Museumsgegenstände sind inzwischen digital fotografiert, alle Riesenbecker Bau- und Bodendenkmäler kommen nach und nach hinzu.

Die Digitalisate erhalten Schlagworte, die beim Einlesen in die Datenbank ausgelesen und damit bei der Suche auffindbar sind. Die komfortablen und extrem schnellen Such- und Sortierfunktionen erleichtern und verkürzen die Auswertung der Daten in hohem Maße.

Ziel ist es zudem, die Datenbank und deren Inhalte auch anderen Heimatvereinen und Archiven zur Verfügung zu stellen, um letztlich ein deutschlandweites Heimatvereins-Netzwerk aufzubauen. So sollen Informationen über das natürliche und kulturelle Erbe verfügbar und sinnvoll untereinander verknüpft werden. Damit lassen sich insbesondere die Ortsgeschichts- und Familienforschung auf eine sehr breite Basis stellen, vereinfachen und wesentlich beschleunigen.

Für die Digitalisierung verwendet der Heimatverein Riesenbeck ein DIN A4 Flachbett-, einen Dokumenten-, einen Buch- und einen Handscanner, einen DIN A3 Kopierer mit Datenübertragung zum PC und digitale Fotoapparate. Insbesondere auch durch den Dokumentenscanner lassen sich Akten per automatischem Papiereinzug extrem schnell digitalisieren und als digital durchsuchbare Dokumente speichern. Hierdurch sind sie auch in umfangreichen Dokumenten sehr schnell Informationen finden. Zudem hat die Digitalisierung den Vorteil, dass z.T. sehr alte, empfindliche Dokumente nach dem Digitalisieren sicher archiviert und trotzdem allen Benutzern als Digitalisat beliebig oft angesehen oder ausgedruckt werden können.

Digitalisiert sind bislang u.a. alle Museumsgegenstände (rund 1.400), mehr als 11.000 Totenzettel, ca. 10.000 Papierfotos, Negative und Dias, rund 1.000 Prospekte von Landmaschinen und Werbung etlicher Unternehmen, einige Haus- bzw. Hofesakten, sowie die Titelseiten und die Inhaltsverzeichnisse einiger hundert Bücher und Zeitschriften.
Dank des Projektes gibt es inzwischen eine sehr rege Orts- und Familienforschungsgruppe mit Personen ab 50 Jahren. Zudem nutzt der Fachbereich Museumswesen die Datenbank für die Inventarisierung, die Informationssammlung über die Exponate und derzeit für die Neugestaltung der Ausstellung des vereinseigenen Landmaschinen-Museums. Per Bildschirmterminals und QR-Code-Tafeln lassen sich Informationen über die Ausstellungsstücke aus der Datenbank abrufen.

Jeder, der sich für die Digitalisierung z.B. von Totenzetteln, alten Prospekten, von Fotos und privaten Nachlässen interessiert, ist herzlichst willkommen. Besonders bieten wir Spezialisten für die Bearbeitung beschädigter Fotos und auch damit jungen Menschen ein reiches Betätigungsfeld.

Im Heimatverein Riesenbeck haben bislang rund 20 Mitglieder ehrenamtlich in unzähligen Stunden an der Entwicklung und Dateneingabe in das System gearbeitet. Die Programmierung erfolgte mit Hilfe eines Dienstleisters. Finanziert haben die Kosten außer dem Heimatverein Riesenbeck der Kreisheimatbund Steinfurt, die Kreissparkasse Riesenbeck sowie einige Unternehmer aus dem Kreis Steinfurt.

Das Projekt ist ohne Zeitbegrenzung für die Zukunft ausgerichtet, Speicherplatz auf einem externen Sever lässt sich nahezu unbegrenzt mieten. Die Datensicherung erfolgt automatisch seitens des Dienstleisters. Das Interesse an der Nutzung des Datenverbundsystems ist groß. Jeder (deutsche) Heimat- und Geschichtsverein kann Mitglied im Netzwerk Heimatverein Digital werden. Mit jedem neuen Mitglied wächst der Informationsgehalt und damit der Wert des Dateninformationssystems. Derzeit sind neben dem Heimatverein Riesenbeck die 14 Heimatvereine Altenberge, Alverskirchen, Greven, Hoetmar, Laer, Leeden, Lengerich, Neheim-Hüsten, Neuenkirchen, Polsum, Rietberg, Senden, Vorhelm und Voßwinkel im Netzwerk aktiv. Weitere Heimatvereine streben die Mitgliedschaft an. Das Kreisarchiv Warendorf hat Leserechte in der Datenbank.

Kosten für das Datenbankprogramm selbst entstehen nicht, da die Vorarbeiten in fünfjähriger gemeinnütziger Arbeit vom Heimatverein Riesenbeck erfolgten und die Kosten für die Programmierung über Eigenmittel des Heimatvereins und Spenden finanziert wurden. Dem Heimatverein fließen also keinerlei Gelder seitens der Nutzer zu. Da Heimatvereine als Nutzer dem IT-Dienstleister nur eine einmalige Einrichtungs- und Schulungsgebühr (ca. 650€) sowie die laufenden Kosten (für 20 Nutzer monatlich insgesamt ca. 24€ für Speicherplatz, Datensicherung, Service) entrichten müssen, ist die Nutzung der Datenbank extrem preiswert und stellt finanziell wohl keine Hürde für die Nutzung dar. Die Weiterentwicklung des Systems wird über Spendengelder finanziert.

Es wurde eine sehr einfache selbsterklärende Bedieneroberfläche geschaffen und auf englische Begriffe durchweg verzichtet, um auch jedem Nutzer einen sprachlich barrierefreien Zugang zu ermöglichen. Von unschätzbarem Wert ist die Möglichkeit von zuhause aus mit dem eigenen PC auf alle Daten zugreifen und auch Daten eingeben zu können. Damit entfallen Wegekosten und –zeiten, und der Heimatverein benötigt keine weiteren PCs für die Anwender. Außerdem kann jeder Anwender ganz nach seinen zeitlichen Möglichkeiten in der Datenbank arbeiten, besonders auch, wenn äußere Umstände persönliche Kontakte einschränken.

Zielgruppe für die Datenbank sind alle Heimat- und Geschichtsvereine im deutschsprachigen Raum. Je mehr Vereine in dem Netzwerk arbeiten, je größer ist der Nutzen für jeden Einzelnen, aber vor allem auch für alle anderen Vereine, vorrangig in Bezug auf heimatkundliche Belange wie die Ortsgeschichts- und Familienforschung. Den Kreis- und Gemeindearchiven sowie Museen, Schülern und Studenten ist die Möglichkeit gegeben, auf die Daten zurückzugreifen.

Mit diesem zukunftsträchtigen Konzept gibt der Heimatverein Riesenbeck neue Impulse für die Arbeit der Heimatvereine. Er geht einen technisch und methodisch neuen Weg zur Vermittlung relevanter Informationen mit einem partnerschaftlichen Netzwerk und trägt dazu bei, die Digitalisierung voranzutreiben. Diese Vorarbeiten sollen viele Heimatvereine zur Nachahmung ermuntern. Ansprechpartner und Unterstützer ist Dr. Klaus-Werner Kahl, Tel. 05454-7619.

Die Landesregierung NRW und die NRW-Stiftung hatten den Engagement-Preis 2019 unter dem Motto „Engagement und Digitalisierung – neue Potenziale nutzen“ ausgelobt. Es gab 90 Bewerbungen. „Das Projekt „Netzwerk Heimatverein Digital“ hat besonders überzeugt und wurde als eines von zwölf vorbildlichen Vorhaben ausgezeichnet.

Zudem bekam der Heimatverein Riesenbeck eine weitere Auszeichnung. In einer Pressemitteilung des Kreises Steinfurt zur Verleihung des Heimat-Preises NRW im Kreis Steinfurt vom  05. Oktober 2020 heißt es u.a.:

„Der Heimatverein Riesenbeck stellt seit 2018 anderen Heimatvereinen eine Datenbank zur Verfügung. „Das durch den Verein entwickelte System bietet eine ganzheitliche digitale Lösung zur Erfassung von Daten, Fotos und Dokumenten und sichert so historische Dokumente für die Zukunft“, so die Jury.

Damit biete der Heimatverein Riesenbeck eine Plattform, um Wissen sukzessive zugänglich zu machen. Zugleich werde die Vernetzung der Vereine gefördert. Zukunftsträchtig ist das Projekt der Riesenbecker in den Augen der Jury darüber hinaus durch seine Strahlkraft. Es werde bereits über die Grenzen des Kreises Steinfurt hinaus von weiteren Heimatvereinen genutzt und sei somit ein nachhaltiger Beitrag für die Heimat.

Interessiert?

Bitte wenden Sie sich an Dr. Klaus-Werner Kahl, Tel. 05454 – 7619, E-Mail: kw.kahl@heimatverein-riesenbeck.de.