Erste Kreuzwegstation! Die Blutschwitzung wurde vor 175 Jahren neu erbaut.

Die Verlage´schen Legate für die Riesenbecker Kirche machte es möglich.

In dem Testament von Agnes Verlage vom 12. Dezember 1845 wird unter anderem die Riesenbecker Kirchengemeinde großzügig bedacht.

Kurz vor ihrem Tod verfügt sie, für welche Projekte ihr Erbe von 1800 Reichsthaler an die Kirchengemeinde verwendet werden sollte. Für die Erneuerung der ersten Kreuzwegstation hinter dem Chor der Kirche und die Ausbesserung der übrigen 4 Stationen. Diese fünf Stationen wurden zur Amtszeit von Pfarrer Johan Gerhard Bönneker (1725-1761) errichtet. Für die Beschaffung und Aufstellung eines neuen Kruzifix Bildes bei dem sogenannten Lazarus-Baum und für einen neuen Hochaltar in der Riesenbecker Kirche.

Quelle: Das 36 Seiten umfassende Testament (Akte 225) wurde uns vom Bistumsarchiv in Münster für diese Arbeit zur Verfügung gestellt.

Das finanzielle Vermächtnis von Agnes Verlage wurde von der Kirchengemeinde mit großer Dankbarkeit angenommen. Nach dem Kirchenneubau von 1809 war die Gemeinde hochverschuldet. Für Neuanschaffungen und Renovierungen waren keine Mittel vorhanden.

Am 01.04.1846 teilte Pfarrer Püngel dem General-Vikariat in Münster die in dem Testament verfügten Maßnahmen zur Genehmigung mit.

Beim Bau der neuen Kirche 1807 – 1809 wurde die erste Station aus Platzgründen entfernt und nicht wieder aufgestellt.
Stattdessen hat man ein steinernes Bild, „Jesus im Ölgarten“, außen in die Chormauer eingelassen, die als erste Station diente.

Der Wille der Testarin ist nun, dass diese Station in ähnlicher Weise, wie die 4 übrigen Stationen und wie sie früher war, neu errichtet wird.
Die 100 Jahre alten Kreuzweg-Stationen werden sowohl von Einheimischen als auch von Fremden fleißig besucht. Ihre Lage mit dem steinigen Weg zur Höhe des Teutoburger Waldes ist einzigartig.
Eine Ausbesserung bzw. Verschönerung der Kreuzwegstationen ist dringend notwendig.

Der Generalvikar Melchers genehmigte am 27.04.1847 die Verwendung des Erbes für diese Maßnahmen.
Über die Ausführungen und die Verwendung der Summe von 1800Rt. verlangt er näher informiert zu werden.

Im Bistumsarchiv Karton 21 sind sämtliche Belege der aus dem Verlage´schen Legate für die Riesenbecker Kirche verausgabten Gelder vorhanden.

Beleg Nr. 16

Rechnung von F.A. Beermann an Pfarrer Püngel vom 14. Dezember 1847

Kostenaufstellung über den Neubau einer Station am Kirchhof (Blutschwitzung). gelieferte Steinhauer Arbeiten von Oktober bis November 1847.
Es folgt eine detaillierte Stückliste mit den Preisen. In dem Altar wurden 46 lateinische Buchstaben eingehauen. Die Kosten belaufen sich auf insgesamt: 83 Rthlr 3Pfg.
Die Summe wurde von Pfarrer Püngel am 17.Januar 1848 bezahlt.
Beleg Nr. 34
Rechnung von Bildhauer J. B. Prang, Münster laut Bestellung von Pfarrer Püngel vom 17.März 1848.
Erstellung eines Christusbildes incl. Anstrich und Versendung
Die Kosten belaufen sich auf insgesamt: 33 Rthlr 25 Sgr.
Bezahlt am 25.März.1849.

Das Kruzifix Bild beim sogenannten Lazarus-Baum verfällt immer mehr und muss dringend durch ein Neues ersetzt werden. Dieses Bild stand 1845 in der Nähe des ehemaligen Hauses Schürmann an der Gelsbach, gegenüber der Linden Apotheke und wurde wohl beim Kanalbau ca. 1897 zur Lazarusbrücke verlegt.

Zur Erbauung eines neuen Hochaltars in der Riesenbecker Kirche legte Pfarrer Püngel dem Bischof von Münster zwei Entwürfe vor.
Der Bischof von Münster entschied sich für die zweite einfachere Version und zwar in Bezug des gewählten einfacheren Stils und der Größe.
Somit war der Wunsch von Agnes Verlage erfüllt und in der Riesenbecker Kirche erfreuten sich die Gläubigen an einem neuen Hochalter.

Wer war Agnes Verlage?

Agnes Theodora Verlage, geboren am 25.05.1801 in Riesenbeck, war die Alleinerbin des Kaufmanns Johann Gerhard Verlage und seiner Frau Anna Maria geborene Lind. Die Familie lebte in dem Haus Lind Dorf Nr. 4. Seit 1890 ist es im Besitz der Familie Schmedding an der Hospitalstraße 1.
Agnes Verlage starb nach langer schwerer Krankheit am 30.12.1845 im Alter von nur 44 Jahren.
Ihr Vater Johann Gerhard Verlage, geboren am 03.05.1761, heiratete am 21.07.1789 Anna Maria Lind, geboren am 26.10.1765
Johann Gerhard Verlage starb am 10.08.1834 im Alter von 73 Jahren an einer Lungenkrankheit. Als Riesenbecker Kaufmann hatte er ein ansehnliches Vermögen erarbeitet.
Ihr Mutter Anna Maria Verlage geb. Lind starb am 10.10.1817 im Alter von 52 Jahren.

Die Eltern von Johann Gerhard waren der Lehrer Josef Bernhard Verlage und Catharina Schwegmann. Die Eltern von Anna Maria Lind waren Johannes Lind und Catharina Verlage.

Die Riesenbecker Karfreitagsprozession ist ein Jahrhunderte alter Brauch. Er hat in den dreißiger Jahren des 18. Jahrhundert unter Pfarrer Johann Gerhard Bönneker seinen Anfang genommen. Der Prozessionsweg ist nicht eigentlich, wie das Volk ihn nennt, ein Kreuzweg, sondern stellt die fünf Geheimnisse des schmerzhaften Rosenkranzes dar. Die Art, Größe und Lage der denkmalgeschützten Stationen sind sonst nirgendwo in Westfalen bekannt.

Die heutige Kreuzwegstation

Foto: Gregor Werthmöller

Wer sich für ähnliche Forschungen ortsgeschichtlicher Ereignisse interessiert, ist zur Mitarbeit im Arbeitskreis Ortsgeschichte des Heimatvereins Riesenbeck recht herzlich willkommen.

März 2021
Gregor Werthmöller

Links die erste Station die 1847 neu erbaut wurde. Die vorherige erste Station musste dem Kirchenneubau weichen. Auf der rechten Seite des Bildes war außen an der Chormauer das Bildnis „Jesus im Ölgarten“ angebracht und diente von 1809-1847 als erste Station.